Mehrere Hausanschlüsse möglich

12.04.2024 00:00 Uhr

Der hier vorgestellte VDE-FNN-Hinweis beschreibt technische und organisatorische Maßnahmen für einen sicheren Betrieb mehrerer Netzanschlüsse in einem Gebäude oder auf einem Grundstück. Es wird darauf hingewiesen, dass bei Bedarf zusätzliche Netzanschlüsse eine alternative Möglichkeit bieten können, insbesondere in Fällen, in denen der Anschluss zusätzlicher Betriebsmittel an einen vorhandenen Netzanschluss technisch nicht realisierbar ist.

Die vollständige Bezeichnung dieses Dokuments lautet: »VDE FNN Hinweise für die Errichtung von mehreren Netzanschlüssen am Niederspannungsnetz in einem Gebäude und auf einem Grundstück«.

Das Dokument richtet sich an Anschlussnehmer, Netzbetreiber, Planer und Errichter von Kundenanlagen am Niederspannungsnetz und umfasst Normen und Begriffsdefinitionen sowie Anforderungen und Beispiele für die Ausführung mehrerer Netzanschlüsse. Die eindeutige elektrische Trennung der Kundenanlagen kann durch räumliche Trennung außerhalb von Gebäuden, bauliche Trennung innerhalb von Gebäuden oder funktionale Abgrenzung erfolgen. Es werden auch Anforderungen an die Erdungsanlage, den Potentialausgleich und die Schutzleiterverbindung erläutert. Darüber hinaus werden Beispiele für die Kennzeichnung und den Übersichtsschaltplan mehrerer Netzanschlüsse gegeben.

Kurzer Überblick

Es werden diverse VDE-Regeln und DIN-Normen aufgeführt, die für den Anschluss und Betrieb von Kundenanlagen an das Niederspannungsnetz gelten, unter anderem VDE-AR-N 4100 und DIN VDE 0100. Es wird auf Begriffe der VDE-AR-N 4100 hingewiesen. Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene Konstruktionen, Gebäude sind überdeckte, begehbare Strukturen, die Schutz bieten. Weitere Begriffe umfassen räumliche und bauliche Trennung sowie funktionale Abgrenzung und wirtschaftliche Einheiten. Es wird die Standardspannung von AC 230 V / 400 V und die Frequenz von 50 Hz für das Niederspannungsnetz festgelegt. Jedes Grundstück oder Gebäude erhält normalerweise einen Netzanschluss. Bei Leistungserhöhungen soll der bestehende Anschluss genutzt werden, soweit möglich. Mehrfachanschlüsse müssen klar voneinander getrennt und sicher zugänglich sein. Bei mehreren Netzanschlüssen ist eine klare Trennung der Kundenanlagen wichtig. Dies kann räumlich, baulich oder funktional erfolgen. Es werden spezifische Anforderungen an den Zugang und die Trennung der Anlagen gestellt. Jeder Netzanschluss benötigt einen Anschluss an die Erdungsanlage. Es wird darauf hingewiesen, dass Betriebsströme auf Schutzleitern zu erwarten und entsprechende Maßnahmen zur Verbindung von Erdungsanlagen und zur Verhinderung von Berührungsspannungen erforderlich sind. Bei größeren Bauvorhaben sind individuelle Absprachen notwendig.

Illustrationen zeigen Beispiele für die Ausführung von Netzanschlüssen, wie etwa für Gebäude mit Ladeeinrichtungen oder für mehrere Gebäude mit einer gemeinsamen Erdungsanlage. Es wird betont, dass diese Beispiele nur Prinzipdarstellungen sind und auf die Darstellung von Schalt- und Schutzeinrichtungen verzichtet wurde. Zusammenfassend gibt dieses VDE-FNN-Dokument Hinweise zum Anschluss von Kundenanlagen am Niederspannungsnetz und legt bestimmte VDE-Regeln und technische Standards fest. Die klare Trennung von Netzanschlüssen und die ordnungsgemäße Erdung sind wichtige Aspekte für die sichere Installation und den Betrieb.

Anwendungsbereich und Begriffe

Grundsätzlich werden Erzeugungsanlagen, Speicher, Ladeeinrichtungen und sonstige Betriebsmittel über den Netzanschluss der jeweiligen Kundenanlage angeschlossen. In Kundenanlagen, bei denen der Anschluss zusätzlicher Betriebsmittel am vorhandenen Netzanschluss technisch gar nicht oder nur unzumutbar aufwendig realisierbar ist, und sowohl eine Leistungserhöhung als auch eine Anschlussverstärkung nicht in Betracht kommen, kann der Anschluss über einen weiteren, zusätzlichen Netzanschluss eine alternative Möglichkeit, z. B. für die Versorgung einer Ladeinfrastruktur, bieten. Dieser Hinweis ist gemeinsam mit der VDE-AR-N 4100:2019 und der VDE-AR-N 4100 Berichtigung 1:2019 sowie für Erzeugungsanlagen zusätzlich mit der VDE-AR-N 4105:2018 anzuwenden. Er beschreibt geeignete technische und organisatorische Maßnahmen entsprechend 5.1 VDE-AR-N 4100:2019 für einen sicheren Betrieb mehrerer Netzanschlüsse. Aus diesem Hinweis ergibt sich kein genereller Anspruch auf einen zweiten oder weiteren Netzanschluss, siehe auch § 6 (2) der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV). Es gelten die Begriffe der VDE-AR-N 4100. Als Beispiele hier zwei Begriffsdefinitionen:

  • Bauliche Anlage: Mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlage. Eine Verbindung mit dem Boden besteht auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden.
  • Gebäude: Selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.

Weiterhin definierte Begriffe sind:

  • Räumliche Trennung
  • Bauliche Trennung
  • Funktionale Abgrenzung
  • Wirtschaftliche Einheit.

Netzanschluss, Netzanschlusspunkt und  Art der Versorgung

Grundsätzlich erhält jedes zu versorgende Grundstück, mit darauf befindlichen baulichen Anlagen, die eine selbstständige wirtschaftliche Einheit bilden, bzw. jedes zu versorgende Gebäude mit daran angrenzenden oder mit diesen funktional und wirtschaftlich zusammenhängenden baulichen Anlagen einen eigenen Netzanschluss. Angrenzende oder funktional und wirtschaftlich zusammenhängende bauliche Anlagen sind z. B. Garagen bzw. Stellplätze oder landwirtschaftlich genutzte Gebäude. Die Versorgung weiterer Grundstücke oder Gebäude, die über einen eigenen Netzanschluss verfügen, ist aus diesem Netzanschluss nicht zulässig. Der Netzanschlusspunkt wird vom Netzbetreiber festgelegt. Ein vorhandener Netzanschluss wird bei gewünschter Leistungserhöhung nach Antrag des Anschlussnehmers, z. B. bei neu anzuschließenden Geräten, soweit möglich ausgelastet. Den Auslastungsgrad des Netzanschlusses, inkl. der Netzreserve, legt der Netzbetreiber fest. Reicht das vorhandene Netzanschlusskabel für die gewünschte Leistungserhöhung nicht aus, kann es soweit möglich verstärkt werden.

Die Versorgung mehrerer Gebäude (z. B. Doppelhäuser oder Reihenhäuser) aus einem gemeinsamen Netzanschluss ist dann zulässig, wenn die Übergabestelle in einem für alle Gebäude gemeinsamen Hausanschlussraum zusammen mit den Zählerplätzen errichtet wird. Für das Betreten des Hausanschlussraums durch den Anschlussnutzer sowie den Netzbetreiber und die Verlegung von Zuleitungen zu den Stromkreisverteilern in den einzelnen Gebäuden bewirkt der Eigentümer eine rechtliche Absicherung, vorzugsweise in Form einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Sollten im konkreten Fall der Eigentümer und der Anschlussnehmer nicht personengleich sein, sorgt der Anschlussnehmer gegenüber dem Eigentümer für die Durchführung dieser Verpflichtung.

Bei Änderung eines bestehenden Netzanschlusses (z. B. Umstellung von Freileitungsanschluss auf Kabelanschluss) sorgt der Anschlussnehmer für die Anpassung seiner elektrischen Anlage. Gemäß Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) werden Art, Zahl und Lage der Netzanschlüsse mit Beteiligung des Anschlussnehmers und unter Wahrung seiner berechtigten Interessen vom Netzbetreiber nach den anerkannten Regeln der Technik bestimmt. Das Interesse des Anschlussnehmers an einer kostengünstigen Errichtung der Netzanschlüsse ist dabei besonders zu berücksichtigen.

Mehrere Netzanschlüsse und deren Anforderungen

Die folgenden hier beschriebenen Maßnahmen stellen dauerhaft erhöhte Anforderungen an das Zusammenwirken aller an der Errichtung, dem Betrieb und der Nutzung der elektrischen Anlagen Beteiligten dar. Diese dürfen nicht durch nachträgliche bauliche Änderungen oder durch Nutzungsverhalten aufgehoben werden.

Werden mehrere Netzanschlüsse für ein Gebäude bzw. für ein Grundstück errichtet, stellen Planer, Errichter sowie Betreiber der Kundenanlagen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass eine eindeutige elektrische Trennung der angeschlossenen Kundenanlagen gegeben ist. Diese eindeutige elektrische Trennung der angeschlossenen Kundenanlagen kann erfolgen durch eine

  • räumliche Trennung
  • bauliche Trennung oder
  • funktionale Abgrenzung.

Dieser VDE-FNN-Hinweis gibt in insgesamt zehn Absätzen eine ausführliche Zusammenfassung darüber, welche Anforderungen bei der Errichtung mehrerer Netzanschlüsse zu beachten sind.

Umfangreiche Palette an Beispielen

© VDE FNN

In diesem Dokument sind insgesamt 17 Schemen abgebildet, wie sich mehrere Netzanschlüsse im Kontext mit der Gebäudekonstellation bzw. der Situation innerhalb einer Liegenschaft realisieren lassen. Die Bilder sind beispielhafte Prinzipdarstellungen ohne die Darstellung von eventuell erforderlichen Schalt- und Schutzeinrichtungen.

  • Standard – Gemeinsamer Netzanschluss (Bild 1)
  • Gebäude mit Ladeeinrichtung und PV-Anlage
  • Ladeeinrichtung ohne Gebäude
  • Mehrere Netzanschlüsse pro Gebäude (Bild 2)
  • Ausführung mehrerer Netzanschlüsse für mehrere Gebäude mit gemeinsamer Erdungsanlage (Bild 3)
  • Ausführung mehrerer Netzanschlüsse auf einem Grundstück (Bild 4).
© VDE FNN

Schlussbemerkungen

Zu guter Letzt bleibt noch anzumerken, dass ein VDE-FNN-Hinweis natürlich keinen gesetzlichen Charakter hat. Dennoch genießt er eine äußerst hohe Akzeptanz und Relevanz bei den Netzbetreibern. Der Link zum Herunterladen des vollständigen PDF-Dokuments.

Für Schnellleser

Mehrere Netzanschlüsse erfordern eine klare Trennung der Kundenanlagen

Elektrische Trennungen lassen sich räumlich, baulich oder funktional umsetzen

Inhalt des VDE-FNN-Hinweises

1 Anwendungsbereich
2 Normative Verweisungen
3 Begriffe und Abkürzungen
3.1 Bauliche Anlage
3.2 Gebäude
3.3 Räumliche Trennung
3.4 Bauliche Trennung
3.5 Funktionale Abgrenzung
3.6 Wirtschaftliche Einheit
4 Netzanschluss – Art der Versorgung
4.1 Allgemeine Anforderungen
4.2 Mehrere Netzanschlüsse
4.2.1 Allgemeines
4.2.2 Anforderungen
4.3 Beispiele
4.3.1 Allgemeines
4.3.2 Standard – Gemeinsamer Netzanschluss
4.3.2.1 Beispiel für Gebäude mit Ladeeinrichtung und PV-Anlage
4.3.2.2 Beispiel für Grundstück mit Ladeeinrichtung, ohne Gebäude
4.3.3 Ausführung mehrerer Netzanschlüsse in einem Gebäude
4.3.4 Ausführung mehrerer Netzanschlüsse für mehrere Gebäude mit gemeinsamer Erdungsanlage
4.3.5 Ausführung mehrerer Netzanschlüsse auf einem Grundstück
5 Anhang
5.1 Beispiele für die Kennzeichnung mehrerer Netzanschlüsse
5.2 Beispiel Übersichtsschaltplan

QUELLE:

de – das elektrohandwerk

AUTOR: 

Dipl.-Ing. (FH) Michael Muschong,Redaktion »de«, anhand von Unterlagen des VDE-FNN