Solarpaket I – das Wichtigste in Kürze

Quelle: Arge Medien im ZVEH
27.09.2024 00:01 Uhr

Im Mai 2024 hat die Bundesregierung das Solarpaket I verabschiedet. Damit wird der Anschluss von PV-Anlagen ein Stück weit erleichtert. Änderungen gibt es sowohl bei kleineren privaten als auch bei gewerblichen Anlagen.

Wir fassen die wesentlichen Neuerungen, die das E-Handwerk betreffen, nachfolgend zusammen. 

Vereinheitlichung TAB

Das Solarpaket stellt klar, dass die TAB der über 850 Netzbetreiber in Deutschland sich an den Vorgaben der vom VDE FNN erstellten TAR (z. B. VDE-AR-N 4100 und VDE-AR-N 4105) orientieren müssen: 

TAB dürfen nur dann über die TAR hinausgehende Vorgaben enthalten, wenn diese für die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzbetriebs erforderlich sind. 

Diese »Ergänzungen« müssen ausreichend begründet werden, d. h. der Netzbetreiber muss begründen, warum mit einer Ergänzung die Gefährdung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzbetriebes verhindert wird.  

Auf der Homepage des Netzbetreibers sind Ergänzungen mit Begründung zu veröffentlichen und als solche zu kennzeichnen. 

Diese Verpflichtung besteht jedoch nicht, wenn ein Netzbetreiber den Musterwortlaut des BDEW verwendet. Durch diese Neuregelung wird die Vereinheitlichung der TAB angeregt, was insbesondere solche E-Handwerksbetriebe entlastet, die in mehreren Netzgebieten tätig sind.

Vereinfachter Netzanschluss für PV-Anlagen bis 30 kWp

Wenn der Netzbetreiber sich nicht innerhalb eines Monats nach Eingang des Anschluss­begehrens mit einem Zeitplan für das weitere Vorgehen zurückmeldet, können PV-Anlagen bis 30 kWp (bisher 10,8 kWp) auch ohne Genehmigung durch den Netzbetreiber angeschlossen werden.

Neu ist zudem, dass Anlagen bis 30 kWp an einen bestehenden Verknüpfungspunkt des Grundstücks angeschlossen werden können, wenn der Netzbetreiber nicht innerhalb von acht Wochen nach Eingang ­aller erforderlichen Informationen mitteilt, dass sich der bestehende Netzanschluss technisch nicht als Verknüpfungspunkt eignet. Diese Regelung trifft auch auf Anlagen mit einer Leistung von 30…100 kWp zu, sofern die zu installierende Leistung der Anlage an diesem Verknüpfungspunkt die Kapazität des bestehenden Netzanschlusses nicht übersteigt. 

Vereinfachte Zertifizierungsverfahren bis 270 kWp bzw. 500 kWp

PV-Anlagen mit einer Leistung von mehr als 135 kWp mussten bisher gemäß VDE-AR-N 4105 (Niederspannung) eine Anlagenzertifizierung nach VDE-AR-N 4110 (Mittelspannung) nachweisen, bevor sie in Betrieb gehen konnten. Das erwies sich in der Vergangenheit als komplizierte, langwierige und kostspielige Angelegenheit.

Unabhängig von der Spannungsebene ist nun auch für Anlagen mit einer maximalen installierten Gesamtleistung von bis zu 500 kWp bei maximaler Einspeiseleistung von 270 kW keine Anlagenzertifizierung mehr notwendig (Bild 1). Ein vereinfachter Nachweis nach VDE-AR-N 4105 reicht aus, der im Wesentlichen über Einheiten- und Komponentenzertifikate der Hersteller erbracht werden kann. Ergänzt wird diese Neuregelung durch die Schaffung eines digitalen Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate sämtlicher Spannungsebenen.

Quelle: Obo Bettermann
Quelle: Fronius

Ausnahmen bei der Anlagenzusammenfassung

Grundsätzlich werden bei der Ermittlung der Größe von PV-Anlagen mehrere Anlagen auf einem Grundstück zu einer zusammengefasst. Diese Zusammenfassung führt dazu, dass die Anlage ggf. eine Leistungsgrenze übersteigt, z. B. 25 kWp, und damit bestimmte Anforderungen erfüllen muss, etwa die Steuerbarkeit durch den Netzbetreiber.

Das Solarpaket I sieht nun eine Ausnahme von dieser Regelung für Dachanlagen hinter verschiedenen Netzanschlusspunkten vor (Bild 2). Balkonkraftwerke werden ganz von der Zusammenfassungsregel ausgenommen.

Vereinfachung bei Mehrfamilienhäusern

Für die Installation einer PV-Anlage auf Mehrfamilien- und Mietshäusern und die Weitergabe des darüber produzierten Stroms galten bisher komplexe Regelungen. Die sogenannten »Mieterstrommodelle« waren für Besitzer von Mehrfamilienhäusern daher oft unattraktiv. Mit der im Solarpaket I neu geschaffenen Option der »Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung« sollen Mieter nun leichter von am Gebäude produziertem Solarstrom profitieren.

Anders als beim »Mieterstrom« müssen Vermieter bei der gemeinschaftlichen Gebäu­deversorgung nicht die Pflichten eines Strom­versorgers erfüllen. Mietern werden stattdessen die zuvor gemeinsam vertraglich vereinbarten und durch die PV-Anlage erzeugten Strommengen zugeteilt. Für den Reststrom benötigen sie einen externen Energieversorger. Technische Voraussetzung ist, dass die PV-Stromerzeugung sowie der Verbrauch der teilnehmenden Mieter 15-minütlich über Smart Meter bzw. RLM-Messung (Registrierende Leistungsmessung) erfasst wird.

Ausweitung und Vereinfachung beim Mieterstrom 

Das Mieterstrommodell war bisher begrenzt auf Wohngebäude. Der Mieterstrom wird nun auch auf gewerblichen Gebäuden und Nebenanlagen wie Garagen gefördert, solange der Stromverbrauch ohne Netzdurchleitung erfolgt. Durch die Vereinfachung in den Regeln zur Anlagenzusammenfassung werden zudem unverhältnismäßige technische Anforderungen vermieden, die bislang in Quartieren häufig ein Problem darstellten.  

Erleichterungen bei Steckersolaranlagen

Die auch als »Balkonkraftwerke« bezeichneten Anlagen sind nun im EEG als eigener Anwendungsfall definiert. Durften Steckersolargeräte pro Haushalt früher nur mit bis zu 600 W Strom einspeisen, so sind es nun 800 W Einspeiseleistung pro Anschlussnehmer. Die mögliche installierte Gesamtleistung für solche Anlagen beträgt 2 kW.

Auch die Anmeldung wurde vereinfacht, in­dem Steckersolargeräte nur noch im Markt­stammdatenregister eingetragen werden müs­sen. Die Meldung an den Netzbetreiber erfolgt dann über das Marktstammdatenregister. Nicht digitale Stromzähler dürfen zudem so lange weiterverwendet werden (»rückwärtsdrehen«), bis der Netzbetreiber den Zähler gegen einen Zweirichtungszähler austauscht.

Die Steckerfrage ist hingegen immer noch nicht endgültig geklärt. Aktuell ist der Schutzkontaktstecker normativ nicht zulässig (siehe VDE V 0100-551-1). Kürzlich hat der Bundestag zudem beschlossen, dass Mieter und Wohnungseigentümer jetzt auch ohne explizite Zustimmung des Vermieters bzw. der Eigentümergemeinschaft Stecker-PV-An­lagen installieren dürfen. Nur in begründeten Ausnahmefällen – z. B. aufgrund des Denkmalschutzes – kann dies verweigert werden.

Einspeisetarife für PV-Anlagen

Die bestehenden Regelungen, nach denen PV-Anlagen nach ihrem Förderende vom Netzbetreiber den Marktwert der PV-Stromerzeugung erhalten, werden um fünf Jahre bis 2032 verlängert.  Außerdem werden für PV-Dachanlagen ab 40 kWp die Einspeise­tarife um jeweils 1,5 ct/kWh angehoben – als Reaktion auf die gestiegenen Bau- und Kapitalkosten. 

Quelle:

de – das elektrohandwerk

Autor:

Andreas Habermehl , Geschäftsführer Technik und Berufsbildung, ZVEH, Frankfurt