Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP – eines von sechs am Leistungszentrum »Sichere intelligente Systeme« (LZSiS) beteiligten Fraunhofer-Instituten – haben an vier Tagen in einem Festzelt des Münchner Oktoberfests orientierende Messungen vorgenommen, wie sich die Mikroorganismen in der Luft verändern, wenn UVC-Technologie eingesetzt wird. Gemessen wurde in der Festhalle Schottenhamel, dem ältesten Festzelt auf dem Oktoberfest. Als Technologie-Partner war die Signify GmbH mit UVC-Geräten der Marke Philips beteiligt. Das Ziel: Die Möglichkeit der Ansteckung durch Luftkeime beim Besuch eines Festzeltes zu reduzieren und dabei die Aufenthaltsqualität zu steigern – ohne dass die Besucher von der verwendeten Technik Notiz nehmen.
Das Forschungsvorhaben
Im oberen Bereich des Festzeltes installierten die Forscher 14 UVC-Geräte in der Größe von Videoprojektoren (Bild 1). Bei laufendem Festbetrieb wurde in der Mitte der Festhalle an zwei Tagen mit den eingeschalteten Geräten gemessen, an zwei weiteren ohne; alle 2 h erfolgte ein Messzyklus. Dabei wurden über 20 min 100 l Luft durch fünf Gelatinefilter gezogen, die so mit Luftkeimen befrachtet wurden (Bild 2). Die beladenen Filter wurden anschließend im mikrobiologischen Labor des Fraunhofer IBP aufbereitet und nach jeweils zehn Tagen ausgezählt. Die durchgeführte volumetrische Luftkeimmessung gehört zu den Standardmethoden der Innenraummikrobiologie. Die Hintergrundbelastung mit Luftkeimen eignet sich sehr gut als Indikator, um in der Praxissituation die Leistung von Hygienemaßnahmen zu untersuchen – eine neue Anwendung für die Luftkeimmessung.
Die Ergebnisse
Es zeigte sich, dass an den Tagen, an denen die Geräte betrieben wurden, die vermehrungsfähigen Mikroorganismen in den Luftproben reduziert waren. Die Anzahl der sogenannten »koloniebildenden Einheiten (KBE)« war bei den Beprobungen unter Einsatz der UVC-Geräte geringer als an den Referenztagen, so dass im Vergleich eine niedrigere Hintergrundbelastung an Luftkeimen vorlag (Bild 3). Die Anzahl an keimfähigen Einheiten aerober Luftkeime lag mit im Median 1 290 KBE/m3 an Tagen unter UVC-Einsatz signifikant um 27 % niedriger als an Tagen ohne UVC mit im Median 1 760 KBE/m3.
UVC-Technologie inaktiviert Mikroorganismen
Atemluft ist wärmer als die Umgebungsluft und steigt daher, zusätzlich angetrieben durch die Körperwärme der Gäste, in den Deckenbereich des Festzeltes auf – dorthin, wo auch die UVC-Geräte verbaut wurden. In der Luft sind Mikroorganismen aller Art enthalten – darunter Corona-Viren, aber auch zahlreiche andere Luftkeime. Diese sind größtenteils harmlos, doch finden sich darunter auch solche, die verschiedene andere Infektionen verursachen und schon seit jeher nach dem Besuch großer Veranstaltungen zu Grippe oder Erkältungskrankheiten führen können.
Wenn nun die Mikroorganismen in den Bereich der UVC-Geräte kommen, nimmt ihnen das UVC-Licht die Vermehrungsfähigkeit. Kühlt die Luft dann ab, sinkt sie wieder Richtung Boden und wird dort eingeatmet. Die vermehrungsfähigen Luftkeime sind in der absinkenden Luft nur noch reduziert vorhanden, die Konzentration an Mikroorganismen wird verdünnt. Der direkte Infektionspfad, beispielsweise über Tröpfchen- oder Schmierinfektion, bleibt bestehen, doch die Hintergrundbelastung sinkt.
Der Einsatz von UVC-Technologie ist eine gängige Desinfektionsmethode, u. a. in der Lebensmittelproduktion, in der Wasserentkeimung oder im Medizinbereich. Für den Einsatz sind jedoch Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die auch für das Forschungsprojekt auf dem Oktoberfest angewendet und zudem für den Arbeits- und Gesundheitsschutz abgenommen wurden.
»Das Phänomen, dass in größeren Personengruppen die Anzahl der Luftkeime höher ist, ist nichts Neues. Früher haben wir das recht selbstverständlich hingenommen. Seit Corona hat sich die Sensibilität diesbezüglich stark erhöht«, sagt Prof. Dr. Gunnar Grün, Projektinitiator und stellvertretender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP. Bisher habe man die gute Wirksamkeit des Reinigungsprinzips mittels UVC vor allem in kleineren Umgebungen nachgewiesen, so u. a. in einer Untersuchung in einem Kinosaal mit 55 Sitzplätzen. Durch die Zusammenarbeit mit der Familie Schottenhamel konnte die Methode nun auch in einem Großbetrieb mit über 6 000 Sitzplätzen auf einer Fläche von 4 800 m2 erprobt werden.
Festwirt Christian Schottenhamel, gleichzeitig stellvertretender Sprecher der Wiesnwirte und Vorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga in München, freut sich über die Ergebnisse, die aus seiner Sicht einen wichtigen Impuls für die gesamte Branche geben können: »Saubere Luft hat für Gäste und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine immer größere Bedeutung. Wir schaffen deshalb gerne die Möglichkeit, dass neue Lösungen konkret zum Einsatz kommen, sich im praktischen Alltag bewähren und zur Innovation in der Branche beitragen«.
AUTORIN:
Tanja Fleck, Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP