Steuerbare Verbrauchseinrichtungen
Netzorientierte Steuerung nach § 14a richtig umsetzen – Nutzung von Flexibilitäten
Steuerbare Verbrauchseinrichtungen sind elektrische Geräte mit einer Anschlussleistung von mehr als 4,2 kW, die vom Netzbetreiber bei Bedarf gesteuert werden können, um die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten. Zu diesen Geräten zählen insbesondere private Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge (Wallboxen), Wärmepumpen, Batteriespeicher und Klimaanlagen.
Inhaltsverzeichnis und Quicklinks
Seit dem 1.1.2024 gelten in Deutschland neue Regelungen gemäß § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Diese ermöglichen es Netzbetreibern, den Strombezug solcher Verbrauchseinrichtungen temporär zu reduzieren, um lokale Netzüberlastungen zu vermeiden. Dabei darf die Leistung auf bis zu 4,2 kW gedrosselt werden, wobei diese Mindestleistung stets verfügbar sein muss, so dass beispielsweise Wärmepumpen weiterhin betrieben und Elektrofahrzeuge geladen werden können.
Im Gegenzug für die Bereitstellung dieser Flexibilität profitieren Betreiber steuerbarer Verbrauchseinrichtungen von reduzierten Netzentgelten. Die genaue Ausgestaltung dieser Reduzierungen kann je nach Netzbetreiber variieren.
Für Bestandsanlagen, die vor dem 1.1.2024 in Betrieb genommen wurden, gelten Übergangsregelungen. Anlagen, die bereits eine Vereinbarung zur Steuerung hatten, müssen bis spätestens zum 31.12.2028 in das neue Modell überführt werden. Anlagen ohne bestehende Steuerungsvereinbarung bleiben dauerhaft von den neuen Regelungen ausgenommen, können jedoch freiwillig wechseln. Es ist wichtig zu beachten, dass die Steuerung ausschließlich die genannten Verbrauchseinrichtungen betrifft. Der normale Haushaltsstromverbrauch ist von diesen Maßnahmen nicht betroffen.
Beschlussfassung der Bundesnetzagentur
Im Rahmen vergangener politischer Diskussionen kam es zu einer Beschlussfassung der Bundesnetzagentur vom 27.11.2023 zur Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen und Netzanschlüsse gemäß § 14a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Diese Beschlussfassung mit der Bezeichnung »Beschluss BK6-22-300« enthält einige technische Standards und Vorgaben. So sind die Netzbetreiber verpflichtet, bis Ende 2024 Standards für die Steuerung von Verbrauchseinrichtungen zu entwickeln. Dies umfasst die Definition physikalischer Schnittstellen, technische Parameter zur Gefährdungsbeurteilung im Netz und Vorgaben zur Datenübermittlung. Außerdem sollen Echtzeitdaten für die Netzzustandsermittlung genutzt werden, um präzise Entscheidungen zu treffen.
Es gilt folgende Teilnahmeverpflichtung für Netzbetreiber und Verbraucher:
- Betreiber von Niederspannungsnetzen sowie Verbraucher mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, die ab dem 1.1.2024 in Betrieb genommen werden, sind verpflichtet, sich an der netzorientierten Steuerung zu beteiligen.
- Ausgenommen sind bestimmte Einrichtungen wie Ladepunkte von Fahrzeugen mit Sonderrechten nach der Straßenverkehrsordnung.
Zur Netzzustandsermittlung müssen die Netzbetreiber Echtzeitdaten erheben und diese in die Steuerungsentscheidungen einbeziehen. Eine Mindestabdeckung von 15 % der Netzanschlüsse oder 7 % in Kombination mit Transformatorendaten ist hierbei vorgesehen.
Gemäß Beschlussfassung der Bundesnetzagentur gelten folgende Festlegungen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen:
- Betroffen sind Ladepunkte für Elektrofahrzeuge (11 … 22 kW), Wärmepumpen mit Zusatzheizvorrichtungen, Klimaanlagen und Stromspeicher.
- Eine Teilnahmeverpflichtung greift, wenn die Anschlussleistung 4,2 kW übersteigt.
Für steuerbare Verbrauchseinrichtungen gelten zusammengefasst folgende rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen:
- Die Steuerung erfolgt nur im Notfall (ultima ratio) bei Netzengpässen und muss auf einem zivilrechtlichen Vertrag zwischen Netzbetreiber und Verbraucher basieren.
- Die Vorgaben dienen der Systemstabilität und sollen mit bestehenden Regelwerken, wie der Marktkommunikation, kompatibel sein.
Gemeinsamer Rahmen für alle Akteure
Vielen Unternehmen fehlt derzeit sowohl der Überblick über die Regularien als auch praktische Werkzeuge zur Berechnung und Implementierung. Hier setzt der neue VDE FNN Hinweis »Netzbetrieb mit Flexibilitäten« an, der konkrete und praxisnahe Unterstützung bietet und ein gemeinsames Verständnis für die Möglichkeiten und Abhängigkeiten bei der Steuerung fördert.
Der Hinweis dient vor allem Verteilnetz- und Messstellenbetreibern als Grundlage und Orientierung für die Umsetzung der Steuerung über intelligente Messsysteme (iMSys). Er schafft einen gemeinsamen Rahmen für alle Akteure, um die verfügbaren Flexibilitäten sowohl im Verteilnetz als auch bei den angeschlossenen Letztverbrauchern bestmöglich zu nutzen. Dank ausführlicher Prozessbeschreibungen sowie Berechnungstools lässt sich der Hinweis konkret für den Netzbetrieb anwenden. Basis des Hinweises sind die Vorgaben der Bundesnetzagentur zum »Festlegungsverfahren zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen nach § 14a Energiewirtschaftsgesetz (BK6-22-300)«. Zu den hervorzuhebenden Inhalten des Hinweises zählen:
- Einordnung in das weiterentwickelte VDE-FNN-Ampelphasenmodell
- Zahlreiche Prozessbilder zur kurativen Steuerung
- Mögliche Projektstrukturen für die Transformation zur netzorientierten Steuerung
- Regelwerk zur netzorientierten Steuerung inklusive Erläuterung zur Berechnung der Mindestleistung (Pmin-Rechner) und des Steuersignals
- Ausblick auf vorausschauende Instrumente der gelben Phase.
Das VDE-FNN-Ampelphasenmodell basiert auf den Phasen Rot, Gelb und Grün und dient der Einordnung verschiedener Netzsituationen. In kritischen Netzsituationen, also in der roten Phase, muss ein kuratives Eingreifen durch den Netzbetreiber erfolgen, um das Eintreten einer Überlastsituation zu verhindern. Ziel ist es jedoch, durch vorausschauende Eingriffe in der gelben Phase das Stromnetz bestmöglich auszulasten und kurative Eingriffe zu vermeiden. Der erste Teil des Hinweises konzentriert sich auf die netzorientierte und präventive Steuerung in der roten Phase und erklärt anhand von Anwendungsbeispielen praxisnah, wann und wie ein Steuereingriff nach § 14a EnWG durchgeführt wird. Obwohl der Ordnungsrahmen nur das Steuern von neuen Anlagen in der Niederspannung umfasst, geht der Hinweis auch auf den Umgang mit Bestandsanlagen ein – Inbetriebnahme vor dem 1.1.2024.
Aus Sicht von VDE FNN kann es mittel- und langfristig weder volkswirtschaftlich noch energiewirtschaftlich und technologisch sinnvoll sein, jedes Netz für jede denkbare Leistungsspitze auszubauen. Hier wird die Branche gemeinsam mit den zuständigen Behörden zu sinnvollen Festlegungen kommen, die Erfahrungswerte, Energiebezug und dezentrale Energieerzeugung berücksichtigen. Mit zunehmender Ausstattung der Niederspannungsnetze mit Sensorik wachsen die Erkenntnisse, und es ergeben sich künftig neue Möglichkeiten. Auch betriebliche Maßnahmen wie Entstörungen und Netzausbau sorgen für Bedarf an temporären, lokalen Eingriffen. Vor diesem Hintergrund werden im zweiten Teil des VDE-FNN-Hinweises vorausschauende Steuerungsmaßnahmen für die gelbe Phase vorgestellt. Einige Beispiele zeigen, welche konkreten Anwendungen in der vorausschauenden Ampelphase nützen und welche unwirksam sind. Nicht zuletzt kann der VDE-FNN-Hinweis auch der Entwicklung von Software dienen.
Für die Ausgestaltung der Vorgaben zur netzorientierten Steuerung der Bundesnetzagentur hat VDE FNN in seinem Hinweis »Netzbetrieb mit Flexibilitäten« drei Vorschläge unterbreitet. Betroffene potenzielle Anwender sind aufgerufen, Feedback zu den Vorschlägen zu übermitteln. Damit kann die konkrete Ausgestaltung der netzorientierten Steuerung praxisnaher erfolgen.
- Bild 1: Visualisierung des Ampelphasenmodells von VDE FNN
Inhaltsübersicht des FNN-Hinweises: Netzbetrieb mit Flexibilitäten
- Gesetzlicher Rahmen
- Ampelphasenmodell für die Niederspannung
- Netzorientierte Steuerung nach § 14a EnWG
- Umgang mit Eigentümergemeinschaften
- Definition der technischen Parameter zur Annahme einer Gefährdung oder Störung
- Prozessbeschreibung der kurativen Steuerung
- Projektstruktur zur Umsetzung der netzorientierten Steuerung
- Definition der verschiedenen Gleichzeitigkeitsfaktoren
- Umgang mit Mindestbezugsleistung und GZFS
- Weiterentwicklung der BNetzA-Vorgaben
- Ermittlung der Höhe des Steuerbefehls
- Prozess zur Rücknahme einer Steuerungsmaßnahme
- Anwendungsbeispiele für die Umsetzung der Steuerung
- Umgang mit Bestandsanlagen (Inbetriebnahme vor 01.01.2024)
- Vorausschauende Instrumente
Nutzung von Flexibilitäten
Die Integration dezentraler Energieerzeuger und neuer Verbrauchseinrichtungen, wie Ladeinfrastruktur, Wärmepumpen und Stromspeicher, stellt Netzbetreiber vor Herausforderungen, bietet aber auch Chancen. Ziel ist es, Netzengpässe zu vermeiden, die Netzauslastung zu optimieren und flexible Verbraucher effizient zu integrieren. Das VDE-FNN-Ampelphasen-Konzept dient als Grundlage für präventive (gelbe Phase) und kurative Maßnahmen (rote Phase).
Für den Netzbetrieb sind folgende Instrumente von Bedeutung:
- zeitvariable Netzentgelte
- planwertbasierte Leistungsbegrenzung
- Flexibilitätsmärkte.
Alle Maßnahmen wirken direkt oder indirekt über den Netzanschlusspunkt und erfordern die Kopplung mit Smart-Meter-Gateway-Infrastrukturen. Die Umsetzung erfordert einfache Marktprozesse sowie auch klare regulatorische Rahmenbedingungen. Netzbetreiber sollen flexibel auf lokale Anforderungen reagieren können.
Netzbetrieb mit Flexibilitäten
Bereits oben erwähnten wir als zentrales Dokument den VDE-FNN-Hinweis »Netzbetrieb mit Flexibilitäten: Umgang mit der kurativen Steuerung über iMSys und Ausblick auf mögliche vorausschauende Steuerungsmaßnahmen – Handreichung für Verteilnetzbetreiber zur Umsetzung der Steuerung über intelligente Messsysteme in der Niederspannung – Version 1.0 April 2024«. Dieser Hinweis ist auch für das Elektrohandwerk unbedingt von informellem Interesse (Kasten auf dieser Seite).
Im Bereich der Begriffsdefinition sind dort die essenziellen Schlagworte definiert. Beispielhaft seien im Rahmen dieses Beitrags einmal folgende Begriffsdefinition herausgegriffen:
- Steuerbare Verbrauchseinrichtung (SteuVE): Die Definition einer »steuerbaren Verbrauchseinrichtung« entspricht in diesem Dokument der Definition der BNetzA gemäß BK6-22-300 Anlage 1 Ziffer 2.4: Eine steuerbare Verbrauchseinrichtung ist »ein Ladepunkt für Elektromobile, der kein öffentlich zugänglicher Ladepunkt im Sinne des § 2 Nr. 5 der Ladesäulenverordnung (LSV) ist, eine Wärmepumpenheizung unter Einbeziehung von Zusatz- oder Notheizvorrichtungen (z. B. Heizstäbe), eine Anlage zur Raumkühlung sowie eine Anlage zur Speicherung elektrischer Energie (Stromspeicher) hinsichtlich der Stromentnahme (Einspeicherung)«.
- Flexibilität und Flexibilitäten: Gemäß der BNetzA versteht man unter Flexibilität die Veränderung von Einspeisung oder Entnahme in Reaktion auf ein externes Signal (Preissignal oder Aktivierung) mit dem Ziel, eine Dienstleistung im Energiesystem zu erbringen. Als »Flexibilitäten« werden im VDE-FNN-Hinweis alle Erzeugungsanlagen und Verbrauchseinrichtungen bezeichnet, die diese Flexibilität bereitstellen.
- Netzorientierte Steuerung: Gemäß dem Beschluss BK6-22-300 der BNetzA bezeichnet die »netzorientierte Steuerung« im Kontext zum § 14a EnWG die bedarfsgerechte Leistungsreduzierung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen (z. B. Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen) zur gezielten Abwendung konkret bestimmter Netzüberlastungen oder Verletzungen der Spannungsqualität in der Niederspannung. Hierbei handelt es sich um einen Unterfall der netzorientierten Flexibilitätsnutzung.
Das Ampelphasenmodell wurde oben bereits mehrfach erwähnt. Der VDE-FNN-Hinweis hat dieses Modell detailliert aufgegriffen und erläutert (Bild 1).
Angriffspunkt der Steuerung
Der Abschnitt 4 des VDE-FNN-Hinweises beschreibt die Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen (SteuVE) gemäß § 14a EnWG, die Netzüberlastungen verhindern soll. Dabei ist der Netzanschlusspunkt die Referenz für Leistungsbegrenzungen und Steuerungsdokumentation. Zwei prinzipielle Ansteuerungsarten werden her unterschieden:
- Direktansteuerung: Jede SteuVE reagiert direkt auf Steuerungsbefehle des Netzbetreibers. Jede Einrichtung erhält eine eigene Mindestbezugsleistung von mindestens 4,2 kW, abhängig von ihrer Anschlussleistung. Diese Methode eignet sich, wenn nur eine SteuVE ohne weitere Speicher oder Erzeugungsanlagen vorhanden ist.
- Steuerung mittels EMS (Energiemanagementsystem): Das EMS verteilt Leistungsbegrenzungen auf mehrere SteuVE hinter einem Netzanschluss. Es ermöglicht die Optimierung von Speicher- und Erzeugungsanlagen, wobei nicht genutzte Mindestbezugsleistungen flexibel verteilt werden können.
Die Festlegung der Bundesnetzagentur (BNetzA) definiert den »netzwirksam beeinflussbaren Leistungsbezug« als Steuerungskriterium, um sicherzustellen, dass dieser vorgegebene Wert nicht überschritten wird. Je nach Konstellation – z. B. Speicher, Erzeugungsanlagen oder Kombinationen – wird der Leistungsbezug bilanziert und durch das EMS koordiniert.
VDE FNN empfiehlt, auch kleinere Anlagen in die Steuerungslogik aufzunehmen, um kritische Netzsituationen zu vermeiden und die Effizienz der Steuerung zu steigern. Die Herausforderungen bei komplexeren Eigentumsverhältnissen werden ebenfalls erwähnt.
- Bild 2: Überblick der verschiedenen Gleichzeitigkeitsfaktoren
Umsetzung der netzorientierten Steuerung
Der Abschnitt 7 des VDE-FNN-Hinweises befasst sich mit der Umsetzung netzorientierter Steuerung. Dies stellt für Verteilnetzbetreiber (VNB) und Messstellenbetreiber (MSB) eine zentrale Herausforderung dar. Der VNB muss Kommunikations- und Datenkonzepte entwickeln, Stammdaten pflegen und Systeme für Netzüberwachung und Engpassmanagement einrichten. Essenziell ist die Dokumentation der Steuerungsmaßnahmen gemäß §14a EnWG sowie die Integration in Abrechnungssysteme und Kundenportale.
Der MSB übernimmt die Installation und den Betrieb der Steuerungseinrichtungen, wie der FNN-Steuerbox. Neben Rolloutplanungen sind Anpassungen von Backendsystemen und Abrechnungssystemen notwendig. Die Entwicklung eines CLS-Managements, einer API-Webschnittstelle sowie die Nutzung bestehender Systeme wie aEMT-Frontends stehen im Fokus. Zur Umsetzung sind drei Teilprojekte erforderlich:
- Rolloutvorbereitung,
- Anpassung der IT-Systeme und
- Betriebsvorbereitungen, inklusive Migrationsstrategien und Fehlerfallanalysen.
Das Ziel ist es, Netzausfälle zu minimieren und die Stabilität der Netze langfristig zu sichern. Eine enge Abstimmung zwischen VNB, MSB und Softwareanbietern ist hierbei entscheidend.
Das Regelwerk zur netzorientierten Steuerung
Der Abschnitt 8 des VDE-FNN-Hinweises umreißt ein Regelwerk zur netzorientierten Steuerung nach § 14a EnWG. Es beschreibt technische, organisatorische und operative Aspekte zur Steuerung steuerbarer Verbrauchseinrichtungen (SteuVE) und umfasst Konzepte wie Gleichzeitigkeitsfaktoren, Mindestbezugsleistung, Steuerbefehle und deren Rücknahme, um Netzüberlastungen zu vermeiden und einen stabilen Netzbetrieb zu gewährleisten. Das Regelwerk bietet ein umfassendes Rahmenwerk für SteuVE.
Für eine flexible und präzise Steuerung sind folgende drei relevante Gleichzeitigkeitsfaktoren vorgesehen (Bild 2):
- Planerischer GZF (GZFP): Zur Netzplanung basierend auf historischen Werten und Prognosen.
- GZF für Mindestbezugsleistung (GZFS): Berechnet die Mindestleistung von SteuVE hinter einem Netzanschluss.
- Betrieblicher GZF (GZFB): Beschreibt die aktuelle Auslastung basierend auf Betriebsbedingungen wie Tageszeit und Temperatur.
Die Mindestbezugsleistung der SteuVE wird je nach Art der Steuerung (Direktansteuerung oder EMS) anhand bereitgestellter Formeln berechnet. Bei Direktansteuerung beträgt sie mindestens 4,2 kW pro SteuVE, kann aber für größere Anlagen wie Wärmepumpen mit Skalierungsfaktoren angepasst werden. Beim EMS hängt die Leistung von der Anzahl und Art der Anlagen sowie den Gleichzeitigkeitsfaktoren ab. Ein Pmin-Rechner dient als Hilfestellung zur Berechnung.
Die Höhe der Steuerbefehle wird in mehreren Schritten ermittelt:
- Berechnung des Reduktionspotenzials pro Netzanschluss (Differenz zwischen maximaler Leistung und Mindestbezugsleistung)
- Aggregation des Reduktionspotenzials im Netzbereich
- Abgleich mit der tatsächlichen Netzbelastung, um Engpässe zu identifizieren
- Verteilung der notwendigen Reduktion auf die Netzanschlüsse basierend auf ihrem individuellen Reduktionspotenzial.
Das Ziel ist eine diskriminierungsfreie und gerechte Verteilung der Lastreduktion.
Ein klar definierter Prozess zur Rücknahme der Steuerung ist entscheidend, um eine Rückkehr zum Normalbetrieb zu ermöglichen. Der Prozess erfolgt schrittweise in festen Intervallen (z. B. 15 min), wobei der Netzzustand kontinuierlich überprüft wird. Bei Prognoseabweichungen werden Steuerbefehle angepasst.
Ein Vorschlag zur Verbesserung ist die Nutzung von Kurzzeitprognosen, um Lastspitzen vorherzusehen und gezielte Maßnahmen zu treffen. Dies könnte Nachholeffekte reduzieren und die Effizienz der Rücknahmeprozesse erhöhen. Das Regelwerk der Bundesnetzagentur (BNetzA) ist ein Ausgangspunkt, das kontinuierlich verbessert werden soll. VNB und andere Marktakteure sind aufgerufen, praktische Erfahrungen und Analysen zur Weiterentwicklung beizutragen.
- Bild 3: Varianten zur Bestimmung der Mindestbezugsleistung nach BK6-22-300
Weiterentwicklung des Konzepts
VDE FNN hat im weiteren Verlauf seiner Aktivitäten in einem Eckpunktepapier die technischen Parameter zur Annahme einer Gefährdung oder Störung konkretisiert. Hierfür erarbeitet VDE FNN kontinuierlich technische Vorgaben für Netzbetreiber zur sicheren Steuerung des Stromnetzes bei steigender Nutzung erneuerbarer Energien. Die Beteiligten analysieren Grenzwerte für Netzbelastungen und definieren Parameter für den Übergang vom Normalbetrieb zur kritischen Phase. Dabei liegt derzeit der Schwerpunkt auf den physikalischen Größen Strom, Spannung und Unsymmetrie. Netzbetreiber sollen ab 80 % Auslastung der zulässigen Grenzwerte Maßnahmen einleiten können, um Überlastungen zu verhindern. Ziel ist es, technische Normen einzuhalten, Schutzgeräte nicht auszulösen und langfristige Schäden zu vermeiden. Das Ziel ist am Ende zu praxistauglichen Lösungen zu gelangen, die von Netzbetreibern flexibel anwendbar sind. Außerdem sollen von Anfang an einheitliche Standards entwickelt werden, um so langfristig den sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten.
Fazit
Der VDE-FNN-Hinweis »Netzbetrieb mit Flexibilitäten: Umgang mit der kurativen Steuerung über iMSys und Ausblick auf mögliche vorausschauende Steuerungsmaßnahmen« bietet vor allem Verteilnetz- und Messstellenbetreibern eine Grundlage und Orientierung für die Umsetzung der Steuerung über intelligente Messsysteme. Damit schafft VDE FNN für alle handelnden Akteure einen gemeinsamen Rahmen, um die verfügbaren Flexibilitäten – sowohl im Verteilnetz als auch bei den angeschlossenen Letztverbrauchern – bestmöglich zu nutzen.
Für Schnellleser:
Steuerbare Verbrauchseinrichtungen sollen dem sicheren Netzbetrieb dienen
Der VDE-FNN-Hinweis »Netzbetrieb mit Flexibiltäten« ist Bestandteil der VDE-Normenbibliothek
Quelle:
de – das elektrohandwerk
Autor:
Dipl.-Ing. (FH) Michael Muschong, Redaktion »de«